Dienstag, 10. Juli 2018

Satanische Hippies und schwarze Lava.


Gestern beim Konzert der Wolves in the Throne Room ¹ wurde ich von der mir bis dato unbekannten Vorband ordentlich überrascht. Auf der kleinen Bühne der Wiener "Arena" war da eine sechsköpfige Truppe zusammengequetscht und böllerte eine Soundwand nach der anderen auf das Publikum, das es eine das Trommelfell zerfetzende Freude war. Natürlich war ich nach dem Konzert SOFORT auf Bandcamp und habe mir das aktuelle Werk “Void” gekauft.

Der Sound dieser belgischen Formation namens Wolvennest (WLVNNST) lässt in seiner Einzigartigkeit aufhorchen: Hier treffen die wunderbarsten Hippie/Stoner-Ideale auf den reißenden Strom schwarzmetallischer Brachialriffs. Wie könnte man das klassifizieren? Satanische Hippie-Musik? Vielleicht der Soundtrack, zu dem die Manson-Family auf der Spahn-Ranch getanzt hätte. Die brachialen Soundwände von "Void" werden durch den unschuldigen Gesang und das vorzüglich eingesetzte Theremin-Spiel von Sängerin Shazzula (was für ein Name!) ein bisschen aufgelockert, aber das düstere Soundbrett drückt dich trotzdem unerbittlich auf den Boden.


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Bei “Void”, dem aktuellen Werk, präsentiert sich Wolvennest als ausgereifte Band. Zu Beginn war das noch ein “musical partnership project”, welches den Blutharsch - Chefdirigenten Albin Julius und seine Sängerin Marthynna inkludierte; so entstand das Debütwerk WLVNNST, welches NOCH tiefer (falls das überhaupt möglich ist) in die okkulten Untiefen des Neo-Krautrock eindringt. Aus dieser fruchtbaren Partnerschaft heraus entstand unter anderem auch das Werk “The Wolvennest Sessions”, dieses wiederum unter der Ägide des berühmt-berüchtigten Kollektivs Der Blutharsch and The Infinite Church Of The Leading Hand.

Wer Albin Julius und seine ganz spezielle Art des musikalischen Stonertums kennt und schätzt, der muß diesen Release unbedingt besitzen (wer nicht, sollte sich den natürlich ebenfalls zulegen), denn hier sind wir endgültig im Düsterland irrlichternder, kruder Science Fiction angelangt. Die fiebrigsten Visionen eines H.P. Lovecraft mögen als vage Richtschnur dienen in dieser Proto-Spielart eines eigentlich unmöglich unter einen Hut zu bringenden Doom/Black Metal/Stoner-Derivats, das sich mit zäher Urkraft wie schwarze Lava aus den Lautsprechern wälzt. Sicher einer der spannendsten Underground-Releases der letzten Jahre und ein unverzichtbares Werk in der Audiothek des geneigten Connaisseurs.


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Wo Wolvennest ihre schwarze Saat säen, ist das deutsche Projekt (DOLCH) natürlich nicht weit - viele Reviewer haben auf die Verwandtschaft der beiden Bands hingewiesen (auch ich wurde von einem kundigen Sammler darauf aufmerksam gemacht), beide befinden sich auch passenderweise am selben Label, Ván Records.

Wolvennest und (DOLCH) mögen Geschwister im Geiste sein, die “urzeitliche” Erfahrung ersterer Band weicht hier allerdings eher einem feinen Gespinst von Diversität. Das ist immens spannend - während man bei den von Ván Records neu aufgelegten Demos “I & II” noch Postpunkeinflüsse heraushört (respektive Shoegaze: mit dem weiblichen Gesang klingen (DOLCH) für mich manchmal wie die Cocteau Twins auf LSD), wandelt sich die Musik des Duos im Lauf der nächsten Releases (Split-Single mit King Dude, “III”) eher in eine rituelle Neofolk- Richtung. Man darf gespannt sein, was da noch kommen mag; nichtsdestotrotz ist “I & II” eine absolute Kaufempfehlung dieses Bloghosts hier.


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¹ Über die Musik der Wolves habe ich hier geschrieben.

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